Plenarsitzung des schleswig-holsteinischen Landtags
26.03 bis 28.03.2025
Bei der 31. Plenarsitzung stand unter anderem der bessere Schutz von Opfern häuslicher Gewalt im Zentrum – ein Thema, das mich seit meiner Wahl in den Landtag ganz besonders beschäftigt. Denn häusliche Gewalt und sexualisierte Gewalt sind männliche Gewalt, sind patriarchale Gewalt. Auch damit müssen wir uns auseinandersetzen, wenn wir sie beenden wollen. Eine Gesellschaft, die sich die Gleichberechtigung von Mann und Frau ins Grundgesetz geschrieben hat, kann patriarchale Gewalt nicht akzeptieren und muss sie verhüten.
Umso mehr freue ich mich, dass der Landtag jetzt das Gesetz zum besseren Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und bei Nachstellungen durch den Einsatz der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und weitere Änderungen des Landesverwaltungsgesetzes beschlossen hat. Es ermöglicht unter anderem den Einsatz elektronischer Fußfesseln nach richterlicher Anordnung. Denn ich will ganz deutlich sein: Hilfe durch Beratung und Frauenhausplätze allein ist nicht ausreichend für einen effektiven Gewaltschutz. Es ist nicht hinreichend, dass die Opfer weichen müssen. Effektiver Schutz kann nur bedeuten, beim Täter anzusetzen. Und dafür ist eine Überwachung und Bewegungseinschränkung durch eine elektronische Fußfessel an derjenigen Person, die bedroht, die gefährdet, die einer anderen nachstellt, genau der richtige Weg. Meine Rede dazu findet ihr hier.
Es geht also darum, Gewalt in Hochrisikofällen zu verhindern und nicht nur darum, sie erst im Nachhinein zu ahnden. Ich erinnere hier nur an die auch in Schleswig-Holstein erschreckend hohe Zahl an Femiziden. Seit 2018 sind laut einer Zählung des Landesfrauenverbandes Schleswig-Holstein 54 Frauen von einem Tötungsdelikt durch einen (Ex-)Partner betroffen. 37 Frauen haben nicht überlebt.
Der Grundstein für das Gesetz wurde vor nicht einmal einem Jahr gelegt, als Jan Kürschner und ich uns auf unserem Mai-Landesparteitag mit Parteibeschluss das Votum geholt haben, uns für die Einführung der elektronischen Fußfessel gegen häusliche Gewalt und Stalking in Schleswig einzusetzen zu können. Und genau das haben wir seitdem getan und mehrere Monate an einem umfassenden Gesetzentwurf hierzu gearbeitet.
Mit Plenarbeschluss vom 12. Dezember 2024 hat der Landtag den Gesetzentwurf federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss überwiesen. Beide Ausschüsse haben in gemeinsamer Sitzung am 5. März 2025 eine mündliche Anhörung durchgeführt.

Nach der Anhörung vieler Sachverständiger haben wir einen umfangreichen Änderungsanterag eingebracht, um unseren Entwurf weiter zu optimieren. Der ursprüngliche Entwurf, der Änderungsantrag und der beschlossene Gesetzestext sind unten angehängt.
Der Schutz für eine gewaltbetroffene Mutter und ihr Kind soll auch dadurch erhöht werden, dass sich Betretungs-, Kontakt- und Näherungsverbote auch auf Kinder oder weitere nahestehende Personen des Opfers erstrecken dürfen. Außerdem sollen polizeiliche Schutzmaßnahmen von derzeit bis zu vier Wochen gerichtlich auf bis zu 3 Monate ausgeweitet werden können – mit Verlängerungsoption. Auch die Datenübermittlungsbefugnisse der Polizei an die Partnerstellen im Hilfe- und Schutzsystem werden mit dem eAÜ-Gesetz erweitert.
Im September 2023 haben wir auf dem Landesparteitag mit dem Beschluss zum verbesserten Kinderschutz auch beschlossen eine „proaktive Beratung" für von häuslicher Gewalt mitbetroffenen Kindern einzuführen (eine Forderung aus der AG 35 zur Umsetzung der Istanbul-Konvention). Auch hierfür habe ich mich lange politisch eingesetzt und diese neue Beratungsstruktur führen wir nun ein! Die gesetzliche Grundlage dafür haben wir ebenfalls über das neue eAÜ-Gesetz geschaffen.
Wie dringend nötig das ist, zeigt auch der Bericht zum Hochrisikomanagement, das nach erfolgreicher Pilotphase in Flensburg und Ratzeburg seit Anfang 2024 landesweit umgesetzt wird: laut dem Bericht sind in 2/3 der Fälle häuslicher Gewalt Kinder und Jugendliche mitbetroffen.

Die finanzielle Grundlage haben wir im Landtag bereits im Januar über das Haushaltsbegleitgesetz und unser 3,5 Mio Euro Paket für Gewaltschutz beschlossen. Damit geht Schleswig-Holstein beim Schutz von Frauen und Kindern konsequent voran, noch bevor der neue Rechtsanspruch durch das vom Bundestag und Bundesrat beschlossene Gewalthilfegesetz greifen wird.
Landtag fordert Bericht zur Umsetzung des Gewalthilfegesetzes in Schleswig-Holstein
Der Landtag von Schleswig-Holstein hat die Landesregierung in seiner 30. Tagung dazu aufgefordert, einen mündlichen Bericht über die Ziele und Auswirkungen des neuen Gewalthilfegesetzes in Deutschland vorzulegen, dieser wurde eine Tagung später im März gehalten. Im Fokus stand insbesondere die Frage, wie sich das Gesetz auf Schleswig-Holstein auswirken wird und welche zusätzlichen Aufgaben daraus entstehen.
Inhalte des Gewalthilfegesetzes
Ab 2032 haben von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder über das neue Gesetz einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. Insgesamt 2,6 Milliarden Euro stellt der Bund für den Ausbau des Hilfesystems von 2027 bis 2036 zur Verfügung (2027: 3,8 Mio Euro für SH). Mit vielen unserer Landes-Maßnahmen arbeiten wir also bereits jetzt auf die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes und auf den dort in § 1 formulierten Vierklang aus Prävention, Schutz, Intervention und Folgenbekämpfung hin.
Das Gewalthilfegesetz stellt einen entscheidenden Schritt dar, um ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Hilfe- und Schutzsystem für Betroffene häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt zu etablieren. Damit wird die Istanbul-Konvention in Deutschland weiter umgesetzt, um Frauen und Mädchen besser vor Gewalt zu schützen.
Dringender Handlungsbedarf
Gewalt gegen Frauen nimmt zu und zeigt sich in vielen Formen: von häuslicher Gewalt über sexuelle Belästigung und Vergewaltigung bis hin zu psychischer Gewalt und Stalking. Die Folgen für Betroffene sind schwerwiegend und betreffen sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit. Oft resultieren daraus langanhaltende soziale und wirtschaftliche Probleme.
In Deutschland sind die Hilfsangebote je nach Bundesland unterschiedlich aufgestellt und nicht immer flächendeckend zugänglich. Nach wie vor fehlt es an Schutzplätzen in Frauenhäusern sowie an Beratungs- und Präventionsangeboten. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, ist es essenziell, dass der im Gesetz vorgesehene Rechtsanspruch auf kostenlose Beratung für gewaltbetroffene Frauen und Kinder konsequent umgesetzt wird.
Zukunftsperspektiven für Schleswig-Holstein
Die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes stellt Schleswig-Holstein vor neue Herausforderungen, bietet aber gleichzeitig die Chance, den Schutz und das Unterstützungssystem für Betroffene deutlich zu verbessern.
Der Landtag setzt sich dafür ein, dass Schleswig-Holstein ein Vorreiter in der Umsetzung des Gewalthilfegesetzes wird und dass betroffene Frauen und Kinder die Unterstützung erhalten, die sie dringend benötigen. Ein starkes, flächendeckendes Schutz- und Hilfesystem ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu mehr Sicherheit und Gerechtigkeit für Betroffene von Gewalt.
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