Landtag 22.05.2024
Die wichtigste Nachricht an diesem Tag war wohl: es wird keine Erhöhung der Elternbeiträge geben und der landesweite Beitragsdeckel bleibt bestehen.
In ihrer Regierungserklärung am Mittwoch hat Sozialministerin Aminata Touré das 10 Punkte-Kita-Paket vorgestellt, mit dem die Landesregierung die Finanzierungslücke im KiTa-System von 120 Millionen Euro schließen will. 20 Millionen Euro will das Land zusätzlich reingeben, 20 Millionen sollen die Kommunen gemeinsam hinein geben - 80 Millionen werden durch Systemänderungen und Umschichtungen erreicht.
Mit der KiTa-Reform 2021 wurde auch ein neues landesweit einheitliches Finanzierungssystem für die KiTas und die Kindertagespflege im Land eingeführt. Diese sog. SQKM-Modell arbeitet mit pauschalisierten Sätzen und fusste dabei auf Annahmen, valide Daten sollten nachträglich durch eine Evaluation durch externe Gutachter erbracht werden. Im Februar 2024 waren die Ergebnisse nun vorgelegt worden. Sie zeigten, dass einige Faktoren im KiTa-System nicht realitätsfest berechnet waren, dass einige wichtige Werte in den Berechnungen fehlten - wie z.B. die Jahrsonderzahlung oder die Vertretungszeiten für die Verfügungszeiten von Fachkräften oder Leitungen -, einige Werte sind unterfinanziert - wie die Vergütungspauschalen für die Kindertagespflege, aber einige Werte sind auch überfinanziert - wie z.B. die Vertretungszeiten für die Kindertagespflege oder die Personalkosten (weil eine zu hohe Durchschnitts-Erfahrungsstufe angenommen wurde oder davon ausgegangen wurde, dass jede KiTa 365 Tage im Jahr den Fachkraft-Schlüssel von 2,0 eingestellt hat). Überfinanziert bedeutet, dass SQKM-Mittel pauschalisiert an die örtlichen Träger der Jugendhilfe (Kreise und kreisfreie Städte) ausbezahlt wurden, aber am Ende der Kette von den KiTas nicht voll zu dem jeweiligen Zweck abgerufen werden konnten. An solchen Stellen kann also umgeschichtet werden und Mittel dort nachgebessert werden, wo eine Lücke festgestellt wurde. Das macht das vorliegende Paket. Es ist ein bisschen kompliziert, aber so erreichen wir einen effizienteren Umgang mit den ca. 1,8 Mrd Euro, die jährlich in unser KiTa-System fließen (durch Land, Wohnortgemeinden und Elternbeiträge).
Dieses Paket stärkt unsere Kitas, die Kindertagespflege und sorgt angesichts des Personalmangels für die notwendige Flexibilität im System, während die Kommunen an entscheidenden Stellen entlastet werden.
Das vorgelegte Kita-Paket ist das Ergebnis intensiver Beratungen mit allen Beteiligten des Kita-Systems in den vergangenen Wochen und Monaten. Die verbindlichen Eckpunkte der Landesregierung dienen uns nun als Grundlage für die weiteren Beratungen zur Überarbeitung des Kindertagesförderungsgesetzes (KiTaG) und die Erarbeitung gesetzlicher Änderungen. Die erste Lesung wird im September 2024 stattfinden, die zweite Lesung im November 2024. Ein Vorschaltgesetz zur frühzeitigen Absicherung der KiTa-Träger soll noch vor der Sommerpause auf den Weg gebracht werden. Das neue KiTaG wird dann zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Die Finanzierungslücke schließen
Im Dialog zwischen Kommunen und Land wurde sich bereits vor Wochen dafür ausgesprochen, dass das bisher als "Übergangssystem" geltende Finanzierungssystem auch nach 2024 Bestand haben und in Zukunft zur Regelstruktur werden soll.
Der bestehende Finanzierungsfluss zur Sicherung der Standardqualität (SQKM-Mittel) bleibt damit also bestehen. Damit tragen das Land, die Wohnortgemeinden und die Elternbeiträge weiterhin die Finanzierung der Standardqualität. Die Gesamtausgaben von Land, Kommunen und Eltern für die Kindertagesbetreuung in Schleswig-Holstein belaufen sich auf jährlich rund 1,8 Mrd. Euro.
Mehr Flexibilität und Ressourcen für unsere KiTas
Die Finanzierungslücke, die die Evaluation aufgezeigt hat, wird nun geschlossen.
Dass es uns dabei gelingt, die Elternbeiträge weiterhin zu deckeln, ist aus meiner Sicht der richtige Weg.
Damit wird die Basis für den weiteren KiTa-Anpassungsprozess gelegt. Denn bei der Überprüfung ging es nicht nur um das Finanzierungssystem, sondern auch darum zu überprüfen, ob die 2021 gesetzten Ziele und Qualitätsstandards mit dem KiTa-Gesetz erreicht werden konnten. Ein zentraler Punkt der Einordnung der Ergebnisse waren die Fragen: wie finden wir einen konstruktiven Umgang mit dem Fachkräftemangel, ohne Qualitätseinbußen? Wie erreichen wir weniger Gruppenschließungen und eine Entlastung der Fachkräfte?
Auf diese Frage konnten nun mit dem "10-Punkte-Paket" bereits zwei zentrale Antworten gegeben. Wir führen einen flexiblen Anstellungsschlüssel ein und wir geben die fehlenden Verfügungszeiten und somit mehr personelle Ressourcen ins System. Mit der neuen flexiblen Regelung können die KiTa-Leitungen ihr Personal dort einsetzen, wo es benötigt wird, sie können es den tatsächlich anwesenden Kindern anpassen und müssen kein Personal mehr formal vorhalten. So wird ermöglicht, dass Menschen auch mal ihre Überstunden abbauen können oder besser Kolleg*innen vertreten, die krank geworden sind. Wir erhoffen uns, dass dadurch - in Kombi mit den zusätzlichen Verfügungszeiten und Bürokratieabbau - weniger Gruppen schließen müssen und Fachkräfte gleichzeitig entlastet werden.
Ich erhoffe mir von dem aktuellen Anpassungsprozess, dass wir ab 2025 endlich Ruhe ins System bringen können, damit die volle Konzentration wieder ausschließlich auf die Kinder und ihre Bildung gerichtet werden kann: auf ihr Wohl und ihre persönliche Entwicklung.
Meine Rede aus dem Landtag
Das "10-Punkte-Paket" im Überblick:
1. Schließen der Finanzierungslücke von 120 Mio. Euro
Die Gesamtausgaben von Land, Kommunen und Eltern für die Kindertagesbetreuung in Schleswig-Holstein belaufen sich auf jährlich rund 1,8 Mrd. Euro. Die Evaluation des Kita-Systems hat dabei ergeben, dass es an einigen Stellen unterfinanziert ist und es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Kitas zu stabilisieren. Das ergibt zusammen eine Finanzierungssumme von rund 120 Mio. Euro. Land und Kommunen schließen diese Finanzierungslücke gemeinsam, indem im nächsten Jahr mit ca. 20 Mio. Euro zusätzlich ins System gegeben werden. Auch die Dynamisierung der Mittel bleibt erhalten, d.h. sie werden jährlich nach oben angepasst. Gleichzeitig wird das gesamte System durch gesetzliche Anpassungen effizienter und es ergeben sich Einspareffekte, so dass die Finanzierungslücke geschlossen werden kann, ohne die Eltern finanziell zusätzlich zu belasten oder die Betreuungsqualität abzusenken.
2. Keine höheren Elternbeiträge
Die im aktuellen KitaG bestehende Regelung zur Deckelung der Elternbeiträge hat Bestand. Die Elternbeiträge in Schleswig-Holstein werden nicht erhöht. Sie betragen weiterhin maximal 232 Euro für eine 8-stündige Betreuung pro Tag im U3-Bereich und 226 Euro für eine 8-stündige Betreuung im Ü3-Bereich. Geringere Stundenanteile haben einen geringeren Elternbeitrag zur Folge.
3. Stärkung der Fachkräfte
In einem guten und verlässlichen Kita-System benötigen Fachkräfte und Einrichtungsleitungen Freistellungszeiten für Vor- und Nachbereitungen, Elterngespräche, Fortbildungen, Leitungsaufgaben etc. Damit diese wichtigen Aufgaben auch bei krankheitsbedingten Personalengpässen, insbesondere bei Ausfall der Einrichtungsleitung, erfüllt werden können, braucht es zusätzliches Personal. Dies sieht das Gesetz zwar bereits vor, es ist aber nicht ausreichend gegenfinanziert und somit auch noch nicht überall umgesetzt. Dafür bedarf es zusätzlicher Mittel von Land und Kommunen in Höhe von ca. 14 Mio. Euro in 2025 und 36 Mio. Euro dauerhaft ab 2026.
4. Finanzielle Entlastung der Kommunen
Im aktuellen Kita-System gibt es Kosten, die alleinig von den Kommunen getragen werden, die zukünftig über eine faire Finanzierungsaufteilung und Anpassungen im Gesetz reduziert werden.
Dies betrifft zum Beispiel Personalkosten in Höhe von ca. 85 Mio. Euro (Weihnachtsgeld). Künftig werden diese Ausgaben zwischen Land und Kommunen fair aufgeteilt.
5. Kindertagespflege stärken
Die Kindertagespflege im Land hat eine hohe Bedeutung und wird deshalb gestärkt. Sowohl die Vergütung der Kindertagespflege als auch die Sachkostenpauschale werden erhöht, damit das Arbeitsfeld attraktiv bleibt und zusätzliche Kindertagespflegepersonen gewonnen werden können.
6. Mehr Personal für kleine Kitas
Die kleinen Kitas im Land mit nur einer Betreuungsgruppe erhalten zusätzliche Unterstützung. Sie machen rund 13 Prozent aller Einrichtungen in Schleswig-Holstein aus und sind oft zuerst von Schließungen betroffen, wenn Personal ausfällt. Dies betrifft vor allem den ländlichen Raum. Diese Kitas erhalten hierfür zusätzliche Mittel.
7. Weniger Kita-Schließungen durch flexiblen Anstellungsschlüssel
Der Gruppenbezug entfällt. Künftig können die Kitas vor Ort ihr Personal selbst flexibler einsetzen. Dabei gilt weiterhin der Standard von 2,0. Die Fachkräfte können jedoch dann und dort eingesetzt werden, wann und wo sie am dringendsten gebraucht werden. Ein Betreuungsschlüssel von 1,5 darf nicht unterschritten werden. Mit dieser Maßnahme wird einerseits mehr Verlässlichkeit im KiTa-System geschaffen und andererseits werden die Mittel zielgerichteter verwendet, was die Pauschale für Land und Wohnortgemeinden minimiert. Dabei ist sichergestellt, dass die KiTa immer das Personal bezahlt bekommt, das es benötigt.
8. Bürokratieabbau bei Sachkosten
Das KiTa-Gesetz legt den Fokus auf die pädagogische Qualität durch die Fachkräfte und überlässt die Standards im Sachkostenbereich stärker der kommunalen Ebene, die hier auch näher an ihren Einrichtungen ist. Dies wird zu einer Einsparung und Flexibilisierung im System führen. Land und Kommunen einigen sich im Gesetzgebungsverfahren auf die konkreten Details.
9. Bürokratieabbau bei Fachkräften und Kommunen
Dokumentation und Abrechnung werden einfacher: Die Kita muss künftig nicht mehr täglich festhalten und nachweisen, wie viele Personen zu welchen Zeiten in den einzelnen Gruppen anwesend sind. Damit entfällt ein großer bürokratischer Aufwand, der die Einrichtungen in der Praxis massiv belastet hat. Fachkräfte sollen sich auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können. Die Kita trägt im Weiteren nur noch Änderungen anlassbezogen in der Kita-Datenbank ein, wenn also beispielsweise neue Personen hinzukommen oder die Einrichtung verlassen.
10. Übergangssystem gleich Zielsystem
Der bisherige Finanzierungsmechanismus bleibt im Grundsatz erhalten. Das Land und die Wohnortgemeinden zahlen weiterhin ihre pauschalen Finanzierungsanteile an die Kreise und kreisfreien Städte und von dort aus an die Standortgemeinden. Kita-Träger und Standortgemeinden schließen wie bisher auch Finanzierungsvereinbarungen ab. Das sogenannte aktuelle Übergangssystem wird auch das Zielsystem. Damit erhalten Kitas und Kommunen wichtige Handlungssicherheit und Verlässlichkeit. Das Land wird diese Regelungen zeitnah gesetzlich festschreiben, um schon jetzt verbindliche Planungssicherheit für das Jahr 2025 zu schaffen.