Austausch zur vertraulichen Spurensicherung
2.2.2024
Am Freitag, dem 2. Februar trafen mein Kollege Jasper Balke und ich mich in Flensburg mit engagierten Mitarbeiterinnen von KIK und der Frauenberatungsstelle Flensburg. Ich wollte wissen, warum die Rechtsmedizin im UKSH einen Teil ihrer Leistung eingestellt hatte und die anerkannten Regionalstellen nicht mehr anfuhr und, welche konkreten Auswirkungen dies auf Opfer von Gewalt hat.
Uns wurde anhand verschiedener Einzelfälle geschildert, wo es aktuell Probleme und Verbesserungsbedarf gibt.
Was mich vor allem wunderte war, warum es einen gesonderten Titel im Sozialhaushalt für diese wichtige rechtsmedizinische Dienstleistung gab, obwohl diese doch seit einigen Jahren eine Kassenleistung sein sollte. Die Landesregierung fördert die vertrauliche Spurensicherung im Rahmen des Opferschutzes seit 2015 mit jährlich 400.000 Euro in Form einer Projektförderung, obwohl es 2020 bundesgesetzliche Änderungen gab, die die Finanzierung als Kassenleistung ermöglichten. Die Frage ist, ob mit einer Kassenleistung die aktuelle dezentrale Struktur aufrecht erhalten werden kann, die so wichtig ist, um den Zugang zu gewährleisten.
Derzeit bin ich nicht nur im Gespräch mit KIK-Stellen, Frauenfacheinrichtungen, dem LFSH und der DIAKO Flensburg zu dem Thema, sondern natürlich auch mit unseren beteiligten Ministerien. Wir arbeiten gemeinsam an kurz- und langfristigen Lösungen, um die vertrauliche Spurensicherung abzusichern.
Aus meiner Sicht müssen wir in diesem Prozess dafür Sorge tragen, dass die vertrauliche Spurensicherung flächendeckend angeboten wird und dafür ausreichend niedrigschwellige Angebote bereitstehen. Denn eine gewaltbetroffene Person (meistens Frauen oder Kinder) braucht schnell und direkt Unterstützung und Hilfe. Lange Fahrtwege oder Wartezeiten können eine vertrauliche Spurensicherung vereiteln.
Was ist eigentlich eine "vertrauliche Spurensicherung"?
Wenn eine Person geschlagen, missbraucht oder vergewaltigt wurde, hat sie die Möglichkeit die Spuren der Tat rechtsmedizinisch zu sichern, also so, dass diese Spuren für ein späteres Gerichtsverfahren den Vorgaben entsprechend dokumentiert sind und zu Beweisen werden können. Die betroffene Person verschafft sich damit Zeit, auch später erst zur Polizei gehen zu können, um die Tat anzuzeigen. Viele gewaltbetroffene Personen brauchen erst Zeit und Abstand bevor sie in der Lage sind über die Gewaltat zu sprechen.
Die gesetzlichen Krankenversicherungen übernehmen seit dem 01.03.2020 die Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung für Betroffene von sexualisierter und körperlicher Gewalt. Die Regelungen hierzu finden sich in den §§ 27 und 132k des SGB V. Finanziert wird eine vertrauliche Spurensicherung nach erlebter Gewalt einschließlich Dokumentation, Laboruntersuchungen und Aufbewahrung der Befunde. Allerdings müssen die Länder hierzu entsprechend Verträge mit den Kassen schließen. In Schleswig-Holstein wird genau daran gearbeitet.
Der Gesetzestext lautet wie folgt:
§ 27 SGB V:
„Dem § 27 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.“
§ 132k SGB V:
„Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände schließen gemeinsam und einheitlich auf Antrag des jeweiligen Landes mit dem Land sowie mit einer hinreichenden Anzahl von geeigneten Einrichtungen oder Ärzten Verträge über die Erbringung von Leistungen nach § 27 Absatz 1 Satz 6. In den Verträgen sind insbesondere die Einzelheiten zu Art und Umfang der Leistungen, die Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung sowie die Vergütung und Form und Inhalt des Abrechnungsverfahrens zu regeln. Die Leistungen werden unmittelbar mit den Krankenkassen abgerechnet, die Vergütung kann pauschaliert werden. Das Abrechnungsverfahren ist so zu gestalten, dass die Anonymität des Versicherten gewährleistet ist. Kommt ein Vertrag ganz oder teilweise nicht binnen sechs Monaten nach Antragstellung durch das Land zustande, gilt § 132i Satz 3 bis 5 entsprechend mit den Maßgaben, dass Widerspruch und Klage gegen die Bestimmung der Schiedsperson keine aufschiebende Wirkung haben.“