Plenarsitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtages
19.11. bis 21.11.2025
Im November-Plenum standen für mich die Debatten um EVi ("Entwicklungsfokus Viereinhalbjährige") und das schwierige Thema weibliche Genitalverstümmelung im Fokus.
Kein schnellerer Start von EVi
Diskutiert haben wir über den Antrag der Opposition, die geplanten Sprach- und Entwicklungserhebungen für Viereinhalbjährige früher umzusetzen und das Programm „Entwicklungsfokus Viereinhalbjährige“ (EVi), das gerade in die zweite Erprobungsphase geht, bereits zum kommenden Schuljahr landesweit einzuführen. Geplant ist dies erst 2028. In meiner Rede habe ich deutlich gemacht, warum ich das aus organisatorischen Gründen für keine gute Idee halte. Ich bin davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, aber wir brauchen Zeit, um EVi sorgfältig zu implementieren.
Seit dem Frühjahr befinden wir uns in der Erprobungsphase. Die ersten zehn Kitas und Grundschulen haben das Verfahren der gemeinsamen Kompetenzfeststellung durchlaufen und bei 113 Kindern einen erheblichen Förderbedarf festgestellt und additive Maßnahmen zur Sprachförderung zum Schuljahresbeginn eingeleitet.
Wir starten bewusst in den Perspektiv-Kitas, weil wir erwarten, dass der Unterstützungsbedarf in diesen Bildungseinrichtungen am höchsten sein wird.
Das von uns geplante Schuljahr 2028/2029 ist schon ambitioniert für einen landesweiten Roll-Out. Wir brauchen die notwendige Zeit, um das Projekt verantwortungsvoll umzusetzen und die notwendigen Gesetzesänderungen durchzuführen.
Wie sollen wir Fachkräfte aus knapp 400 Grundschulen und über 1.800 Kitas in Schleswig-Holstein in einem dreiviertel Jahr vorbereiten und schulen, um EVi rechtssicher, standardisiert und mit hoher Qualität durchführen zu können? Die Einführung überstürzt voranzutreiben würde die beteiligten Fachkräfte unnötig stark belasten und damit letztlich auch den Kindern nicht helfen."
Der Landtag ist daher unserem Alternativantrag gefolgt, am bisherigen Zeitplan für EVi festzuhalten.
Ein weitere wichtige Debatte drehte sich um Weibliche Genitalverstümmelung. Ich danke meiner Kollegin Annabel Krämer dafür, dass sie dieses Tabu-Thema endlich wieder auf die Tagesordnung gesetzt hat, und Sozialministerin Aminata Touré für ihren mündlichen Bericht zu den Maßnahmen der Landesregierung gegen FGM.
In meiner Rede habe ich noch einmal dargestellt, warum es so wichtig ist, über dieses Thema sprechen.
Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) ist frauenverachtende Gewalt, von der europaweit Hunderttausende Frauen und Mädchen betroffen oder bedroht sind. Allein in Deutschland leben rund 100.000 betroffene Frauen und 17.000 gefährdete Mädchen. Die Gewalt geschieht häufig im Kindesalter, ohne medizinische Versorgung und mit lebenslangen körperlichen und psychischen Folgen wie Schmerzen, Infektionen, Vernarbungen, Sexualitäts- und Geburtskomplikationen sowie schweren Traumata.
Weibliche Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung und gehört zu den schlimmsten Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt"

Betroffene stoßen im Gesundheitssystem oft auf unzureichende medizinische Kenntnisse. Mehr Expertise in Gynäkologie, Chirurgie und Geburtshilfe ist notwendig, damit Frauen angemessen behandelt werden – insbesondere bei Diagnose, Rekonstruktion und vaginalen Geburten.
Damit Frauen Mut fassen, aus dem Gewaltkreislauf auszubrechen, brauchen wir eine Anlaufstelle für betroffene und bedrohte Frauen und Mädchen. Und deshalb werden wir gemeinsam mit der CDU einen Haushaltsantrag stellen, um die Anlauf- und Beratungsstelle „TABU“ in Kiel ab 2026 als landesweite Fachstelle für von weiblicher Genitalverstümmelung betroffene und bedrohte Mädchen mit 100.000 Euro Landesförderung abzusichern. Neben unserem "Reiskosten-Fonds" für Reisen zu Rekonstruktions-Operationen (seit 2023) wollen wir damit einen zweiten wichtigen Baustein zur Förderung der Hilfestruktur aufbauen.

Außerdem ging es um die im Zuge der Haushaltskonsolidierung begonnene Fachgerichtsstrukturreform. Nach der Befassung im Innen- und Rechtsausschuss hat der Landtag das entsprechende Gesetz nun beschlossen.
Das in Abstimmung mit den Beteiligten aus der Justiz erstellte Konzept der Fachgerichtsstrukturreform setzen die Beteiligten derzeit vor Ort um bzw. bereiten die Umsetzung vor. Im Kern beinhaltet die Reform, dass verschiedene, in eigenen Gebäuden untergebrachte Fachgerichte gerichtsbarkeitsübergreifend – also unter Einbeziehung der ordentlichen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit – in bestehende Liegenschaften anderer Gerichte umziehen und damit größere Organisationseinheiten entstehen. So können Synergien bei Gebäuden und Personal erreicht werden und zugleich die Präsenz der Fachgerichtsbarkeiten in der Fläche erhalten bleiben. Die Fachgerichte sind demnach künftig in 10 statt bisher 17 Gebäuden untergebracht.
Was bedeutet das konkret?
- Das Arbeitsgericht Neumünster soll aufgelöst und mit dem Arbeitsgericht Kiel zusammengelegt werden.
- Das Arbeitsgericht Elmshorn soll aufgelöst und als auswärtige Kammer des Arbeitsgerichts Lübeck im Gebäude des Sozialgerichts Itzehoe untergebracht werden.
- Das Arbeitsgericht Flensburg soll aufgelöst werden und als auswärtige Kammer des Arbeitsgerichts Kiel im Gebäude des Landgerichts/Amtsgerichts am Südergraben untergebracht werden.
- Das Sozialgericht Lübeck wird zur Zweigstelle des Sozialgerichts Itzehoe.
- und das Sozialgericht Schleswig als Zweigstelle des Sozialgerichts Kiel weiter in Schleswig bleiben.
Für Flensburg und Schleswig sind das gute Nachrichten, da beide Standorte erhalten bleiben. In Schleswig wird zusätzlich das Landessozialgericht in das Verwaltungsgerichtsgebäude in der Brockdorff-Rantzau-Straße integriert werden, sodass die Sozialgerichtsbarkeit dort an einem Standort vereint wird und mit den Verwaltungsgerichten dort ein Landesfachgerichtszentrum entsteht.
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