Plenarsitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtages
15.10. bis 17.10.2025
Wir geben dem Thema Schutz von Frauen endlich den Stellenwert, den es verdient!
Die 36. Plenarsitzung begann mit einer Regierungserklärung zum Sondervermögen. Die Landesregierung will ihren Anteil von 1,3 Milliarden Euro am Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität des Bundes – weitere 2,1 Milliarden gehen direkt an die Kommunen – bis 2030 für zusätzliche Investitionen in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Ganztagsausbau, Krankenhäuser, Energiewende und Klimaschutz, Soziale Infrastruktur und Bevölkerungsschutz nutzen.
Was mich besonders freut: Schleswig-Holstein geht weiter voran in Sachen Gewaltschutz und stellt 30 Mio. Euro Investitionsmittel für den Ausbau der Frauenhäuser zur Verfügung.
Mit den 30 Mio Euro Investitionsmitteln für unsere Frauenhäuser legt SH das Fundament, um den neuen Rechtsanspruch auf Schutz vor häuslicher Gewalt ab 2032 (Gewalthilfegesetz) umzusetzen.
Mehr zum Investitionsprogramm und wie unsere Region Flensburg davon profitiert, erfahrt ihr hier
Kinderreiche Familien besser unterstützen
Im Landtag habe ich dieses Mal zur Situation von Mehrkindfamilien gesprochen.
Hier meine Rede zu der Debatte im Landtag:
In Schleswig-Holstein leben über 37.000 Familien mit drei oder mehr Kindern. Diese Familien stehen vor ganz besonderen Herausforderungen und brauchen gezielte Unterstützung, wie ich erst kürzlich bei meinem Besuch beim Schutzengel e.V. in Flensburg hautnah erfahren durfte. Insofern ist es wichtig, dass wir die unterschiedliche Lebenssituation von Familien immer wieder beleuchten. Laut des Berichts der Landesregierung zu kinderreichen Familien ist die Armutsgefährdung in Familien mit drei oder mehr Kindern doppelt so hoch wie bei kleineren Familien. Nur 78 Prozent bestreiten ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Erwerbstätigkeit, ein Viertel bezieht Bürgergeld. Zugleich sinkt das Pro-Kopf-Einkommen deutlich – auf 1.488 Euro monatlich. Viele Familien, Alleinerziehende umso mehr, kämpfen mit steigenden Lebenshaltungskosten, eingeschränkter Mobilität und dem Mangel an passendem Wohnraum und befinden sich in einem ständigen Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher und familiärer Verantwortung.
Laut Bericht sind 66.000 Menschen in Schleswig-Holstein in Mehrkindfamilien von Armut betroffen, das sind 34 Prozent der Familienmitglieder kinderreicher Familien. Diese Zahlen zeigen: Es braucht dringend bessere Rahmenbedingungen für Familien. Denn Kinderreichtum darf kein Armutsrisiko bedeuten – sondern muss als gesellschaftlicher Wert anerkannt und unterstützt werden.
Teilhabechancen können nicht nur über eine Erhöhung der Erwerbsarbeit gelöst werden, Kinder brauchen auch Eltern, die präsent sind und sie gut begleiten können.
"Das Problem ist nicht, dass Eltern mit mehreren Kindern zu wenig arbeiten, sondern dass ein Großteil ihrer Arbeit, nämlich die Care-Arbeit, nicht bezahlt wird und nach wie vor zu unsichtbar ist."
Darüber, wie wir kinderreiche Familien noch besser unterstützen können, werden wir im Sozialausschuss weiter beraten.
Änderung der Landesverfassung
In der Debatte über die geplante Änderung der Landesverfassung, die zum letzten Mal 2014 derart umfangreich überarbeitet wurde, gab es einen breiten Konsens darüber, weitere Staatsziele wie Klimaschutz, Kinder- und Minderheitenrechte sowie den Schutz vor Antisemitismus in die Verfassung aufzunehmen. Darüber hatten wir uns bereits im Koalitionsvertrag verständigt.
Der Gesetzesentwurf wurde in der 1. Lesung im Plenum diskutiert und zur weiteren Bearbeitung in den Innen- und Rechtsausschuss verwiesen.
Zentrale Punkte unseres gemeinsamen Gesetzentwurfs mit CDU, FDP und SSW sind:
- Aufnahme des Schutzes natürlicher Lebensgrundlagen in die Präambel
- Verankerung von Klima- und Artenschutz sowie Schutz vor Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung
- Stärkere Beteiligung von Kindern an politischen Entscheidungen
- Betonung kulturellen Erbes, inkl. jüdischer Kultur und nationaler Minderheiten
- Gleichstellung unabhängig von sexueller Identität
- Recht auf bezahlbaren Wohnraum und angemessene Infrastruktur
- Digitalisierung öffentlicher Dienste nach Stand der Technik
Ein ganz wichtiger Punkt ist für mich die Stärkung der Kinderrechte. Durch die Neufassung von Artikel 10 Absatz 2 Satz 1 soll das Kindeswohl bei der Schaffung kindgerechter Lebensverhältnisse als besonders zu berücksichtigender Faktor gesetzlich verankert werden. Die geplante Neufassung des Artikel 10, Absatz 2, Satz 1 lautet:
„Bei der Schaffung und Erhaltung kindgerechter Lebensverhältnisse ist dem besonderen Schutz von Kindern und ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen Rechnung zu tragen und ihr Wohl wesentlich zu berücksichtigen. Hierbei sind sie in angemessener Weise zu beteiligen und ihre Meinung ist in einer ihrem Alter und Reifegrad entsprechenden Weise einzubeziehen. Das Nähere regelt ein Gesetz.“
Übrigens: Kennst du eigentlich schon die neueste Studie von UNICEF zu der Umsetzung der Kinderrechte in den einzelnen Bundesländern? Schleswig-Holstein schneidet überdurchschnittlich gut ab.
"Das motiviert mich weiter zu machen: ich werde weiterhin einen besonderes Augenmerk auf armutsbetroffene Kinder und auf gewaltbetroffene Kinder legen."
Überprüfung der AfD und mögliches Verbotsverfahren
Außerdem hat der Landtag ein Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung der AfD auf den Weg gebracht. Unser gemeinsamer Antrag von uns Grünen, CDU, SPD und SSW sieht ein abgestuftes Vorgehen vor, um ein mögliches Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vorzubereiten. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll dafür Belege und rechtliche Einschätzungen zusammentragen – sobald das Verwaltungsgericht Köln über einen laufenden Eilantrag der AfD entschieden hat. Hintergrund ist die Einstufung der Partei durch das Bundesamt für Verfassungsschutz am 2. Mai 2025 als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“, gegen die die AfD juristisch vorgeht. Die Landesregierung soll sich bereits jetzt auf den Fall vorbereiten, dass die Klage der AfD scheitert. Sollte die Arbeitsgruppe zu einem eindeutigen Ergebnis kommen, wird Schleswig-Holstein sich auf Bundesebene für ein AfD-Verbotsverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 GG bzw. Artikel 21 Absatz 3 GG sowie § 43 BVerfGG einsetzen.
Damit setzen wir ein Signal der wehrhaften Demokratie. Denn wir dürfen uns unsere Demokratie von der AfD nicht kaputtmachen lassen! Gleichzeitig ersetzt dies nicht die politische Auseinandersetzung mit der AfD. Demokratische Parteien und Zivilgesellschaft sind weiterhin aufgefordert, extremistischen Inhalten entschieden entgegenzutreten und sie zurückzuweisen.
Große Einigkeit herrschte auch beim Thema Drohnenabwehr. In einem fraktionsübergreifenden Antrag fordert der Landtag, dass Land und Bund ihre Abwehrkräfte stärken und gemeinsam gegen hybride Angriffe wie Ausspähung, Sabotage und Cyberattacken vorgehen. Konkret regt der Landtag eine Drohnenabwehreinheit bei der Landespolizei an, und auch die Bundespolizei soll mit entsprechender Abwehrtechnik ausgerüstet werden. Ein bundesweites Drohnenabwehrzentrum soll im Ernstfall ein Lagebild entwerfen und die Zuständigkeiten klären. Die Bundeswehr soll ihren Verteidigungsauftrag „robust“ auslegen. Die nötigen gesetzlichen Regelungen, etwa eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes und ein neues Seesicherheitsgesetz, soll der Bund zügig auf den Weg bringen.
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