Plenarsitzung des Schleswig-Holsteinischen Landtages
18.06. bis 20.06.2025
Im Juni-Plenum ging es unter anderem um die neue Landesstrategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt – dazu durfte ich sprechen. Außerdem haben wir über die Verteilung der Mittel aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sowie Investitionen in den schulischen Ganztag und die Kita-Finanzierung gesprochen und darüber hinaus über die pädagogisch sinnvolle Nutzung digitaler Endgeräte an Schulen sowie den WiPo-Unterricht diskutiert. Das Land wird die Sek-1 mit 2 zusätzlichen WiPo-Stunden stärken. Das ist ein wichtiger Schritt für die politische Bildung!
Diskutiert haben wir auch über das Thema Schuleingangsuntersuchungen und dazu einen Alternativantrag eingebracht. Wir werden diese Diskussion jetzt im Sozialausschuss fortführen. Mir ist dabei besonders wichtig gewesen, dass wir in unserem Antrag für das künftigte EVi-Verfahren (Entwicklungsfokus Viereinhalb), das ab 2028 flächendeckend in Schleswig-Holstein durchgeführt werden soll, eine gute Verzahnung zum Gesundheitswesen und zum kinderärztlichen und schulärztlichen Verfahren herstellen.
Außerdem hat mein Kollege Jasper Balke gesprochen zum Thema Diversität in der Medizin und in der medizinischen Forschung und wir haben einen Antrag für eine geschlechtersensiblere und diversitätssensiblere Medizin und Forschung eingebracht. Unter anderem muss die Approbationsverordnung für die Medizinerinnen geändert werden. Dazu gab es vor einigen Wochen auch schon einen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz. Wir werden über dieses Thema weiter diskutieren.
Aus dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ des Bundes, aus dem 100 Milliarden Euro an die Länder fließen sollen, erhält Schleswig-Holstein in den kommenden zwölf Jahren nach dem Königsteiner Schlüssel 3,4 Milliarden Euro, das sind 283 Millionen Euro jährlich für ganz Schleswig-Holstein. Diese werden im Verhältnis 62,5 Prozent für die Kommunen und 37,5 Prozent für das Land eingesetzt werden. Das bedeutet: ca. 177 Millionen Euro jährlich für die Kommunen und ca. 106 Millionen Euro jährlich für das Land. Verteilt auf zwölf Jahre stehen somit insgesamt 2,125 Mrd. Euro für die Kommunen, und weitere 1,275 Mrd. Euro dem Land zur Verfügung. Noch offen ist die Verteilung innerhalb der Kommunen.
Das ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen dem Land und den kommunalen Spitzenverbänden, über die Finanzministerin Dr. Silke Schneider im Plenum berichtete (die Drucksache zur Vereinbarung findet ihr unten im Anhang). Damit setzt das Land ein starkes Zeichen für kommunale Handlungsfähigkeit. Denn besonders im Bereich Infrastruktur – etwa für Schulen, Kitas, ÖPNV und Feuerwehren – können so gezielte Investitionen angestoßen werden.

Wichtig bei der Vereinbarung: die alte Vereinbarung zur Förderung des Ganztagsausbaus an Schulen bleibt weiterhin bestehen. Zusätzlich zu den 62,5 % übernimmt das Land also bis zu 85 Prozent der Investitionskosten und 75 Prozent der laufenden Betriebskosten. Damit erhalten die Kommunen maximale Planungssicherheit.
Auch bei der Kita-Finanzierung kommen Land und Kommunen voran. Endlich wurde eine Einigung zur KiTa-Novellierung geschlossen: Die Refinanzierung der Personalkosten durch das Land wird schrittweise ab Januar 2026 von 95 auf 97,5 Prozent erhöht – ein klares Signal zur Unterstützung der kommunalen Träger und zur Sicherung der Qualität in der frühkindlichen Bildung. Kreise und kreisfreie Städte als örtliche Träger der Jugendhilfe erhalten ab 2026 zusätzlich rund 35 Mio. Euro pro Jahr, um das derzeit vorhandene Personalbudget in den Kitas - so wie es in der Praxis tatsächlich eingesetzt wird - zu refinanzieren. Der Landesanteil für die Kita-Finanzierung beträgt somit für das laufende Jahr rund 761 Mio. Euro. Das zum Jahresanfang verabschiedete Kita-Gesetz soll entsprechend zeitnah angepasst und vom Schleswig-Holsteinischen Landtag verabschiedet werden. Hierzu haben wir in erster Lesung einen Gesetzentwurf eingebracht.
Kinder mit Behinderung haben einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Bildung und ein Recht auf Teilhabe nach der UN-Behindertenrechtskonvention. Um die inklusive Ausrichtung der frühkindlichen Bildung und Betreuung zu fördern und die Teilhabe aller Kinder im Bildungssystem zu ermöglichen, hat das Land in 16 Kreisen und kreisfreien Städten "Kompenzteams Inklusion" etabliert. Sie unterstützen die Kitas und Kindertagespflegepersonen bei dieser Aufgabe – und das mit Erfolg, wie ein Bericht der Landesregierung zeigt: 812 Kitas, das ist fast jede zweite Einrichtung im Land, und 365 Kindertagespflegestellen haben bereits von den Kompetenzteams profitiert. Rund 10 Millionen Euro stellt das Land seit 2022 jährlich zur Verfügung – eine gute Investition in die Zukunft aller Kinder.
Natürlich ist es mit den Kompetenzteams Inklusion alleine nicht getan, wie meine Fraktionskollegin Eka von Kalben in ihrer Rede klarstellte. Und so müssen wir an verbesserten Strukturen arbeiten, wie zum Beispiel einer noch besseren Verzahnung mit den Leistungen der Eingliederungshilfe.
Gleich zwei Schulthemen sorgten für angeregte Debatten. Nach dem bereits bestehenden Smartphone-Verbot an Grundschulen rücken nun die weiterführenden Schulen in den Fokus der Landespolitik. Bildungsministerin Dr. Dorit Stenke hatte hierzu bereits einen Erlass angekündigt. Auf Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen beschloss der Landtag, dass die Landesregierung einen verbindlichen Rahmen bei der Nutzung mobiler Endgeräte für die Klassenstufen 5 bis 9 vorgeben soll. Dabei sollen Schüler- und Elternvertretungen sowie Lehrkräfte einbezogen werden (siehe Drucksache 20/03314). Um es einmal klarzustellen: Es geht uns nicht um ein pauschales Handyverbot an Schulen, man kann Menschen nicht verbieten ihr Smartphone mitzubringen. Sondern alle Schulen werden aufgefordert in einem partizipativen Prozess mit der Schüler*innenschaft sich eine Regelung zur eingeschränkten Nutzung privater Endgeräte zu geben, damit der Unterricht nicht gestört wird und Cybermobbing durch das Filmen von Mitschüler*innen verhindert wird.
So kann die Nutzung von Smartphones im Unterricht weiterhin möglich bleiben – allerdings nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Lehrkraft und zu pädagogischen Zwecken. Auch in begründeten Not- oder Ausnahmesituationen soll eine Nutzung erlaubt sein. Die Schüler*innen sollen noch gezielter lernen, digitale Medien kompetent, kritisch und verantwortungsvoll zu nutzen.

In vielen Schulen gibt es bereits eigene Regelungen. Die Vorgaben des Bildungsministeriums setzen nun einen Orientierungsrahmen für alle Schulen im Land fest.
Auch ein weiteres Schulthema verlangt nach einer Klarstellung. Die Oppositionsparteien hatte in einem gemeinsamen Antrag gefordert, die von der früheren Bildungsministerin Karin Prien geplanten Kürzungen im Unterrichtsfach Wirtschaft und Politik (WiPo) an den Oberstufen zurückzunehmen. Hierzu muss man allerdings wissen, dass das Land sich in der Oberstufe an der Empfehlung der Kultusministerkonferenz orientiert. Bisher wurde diese übererfüllt. In der Oberstufe können sich Schüler*innen zwischen Geographie und WiPo entscheiden. In der Mittelstufe ist der Unterricht dagegen verpflichtend. Mit unserem gemeinsam mit der CDU eingebrachten Alternativantrag konnten wir erreichen, dass in der Mittelstufe die Stundenzahl erhöht werden soll. Unterm Strich wird damit der WiPo-Unterricht sogar gestärkt, denn wir erreichen mehr Kinder! Im Rahmen eines geplanten „Pakts für Demokratie“ soll die Landesregierung Maßnahmen erarbeiten, um demokratische Werte zu fördern und die Resilienz unserer Gesellschaft zu stärken. Dazu gehört auch, dass der WiPo-Unterricht bis spätestens 2027/28 flächendeckend ausgebaut wird – mit zwei zusätzlichen Stunden in der Sekundarstufe I und einem früheren Beginn ab Klasse 7. Das bedeutet 80 neue Lehrer*innenstellen und Kosten von rund 4 Millionen Euro pro Jahr. Wir Grüne setzen uns seit langem für eine Ausweitung des WiPo-Unterrichts ein und setzen dies in dieser Legislaturperiode um. Demokratiebildung ist eine Investition in die Zukunft. Der Ausbau des WiPo-Unterrichts ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Einer der für mich wichtigsten Tagesordnungspunkte kam fast zum Schluss der dreitägigen Plenarsitzung: Der Bericht der Landesregierung zur Landesstrategie zur Umsetzung Istanbul-Konvention, die am 13. Mai vom Kabinett beschlossen wurde. Den vollständigen Bericht findet ihr unten im Anhang. Für mich ist die Umsetzung der Istanbul Konvention, des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, mit all ihren unterschiedlichen Maßnahmen und Zielen, eine der wichtigsten Aufgaben meiner politischen Arbeit. Mehr zu meinen politischen Initiativen findet ihr hier

Bereits 2018 hat Schleswig-Holstein als eines der ersten Bundesländer mit der Umsetzung begonnen – ein klares politisches Signal, wie ernst wir den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt nehmen. Ich war 2020 selbst Teil der Expert*innenkommission des Landespräventionsrats (AG 35) und habe am damaligen Empfehlungskatalog mitgearbeitet. Heute, fünf Jahre später, zeigt sich: Vieles wurde erreicht – und vieles liegt noch vor uns.
Zu den Maßnahmen, die bereits umgesetzt wurden, gehören unter anderem:
- die landesweite Ausweitung des Hochrisikomanagements bei häuslicher Gewalt
- ein neues Landesschutzkonzept für Geflüchtete in Landesunterkünften
- das Gesetz zur elektronischen Fußfessel bei häuslicher Gewalt und Stalking
- der Ausbau der Traumapädagogik für Fachkräfte an Grund- und Förderschulen
- die gesetzliche Grundlage für die neue §201-Kinderberatung nach häuslicher Gewalt
- die Einrichtung eines Kompetenzzentrums gegen geschlechtsspezifische Gewalt
- mehr Plätze in den Frauenhäusern
- die Überarbeitung des Leitfadens zum Gewaltschutz in ausländerrechtlichen Fragen
- eine verbesserte Förderung für KIK- und Beratungsstelle
Hier ein Ausschnitt meiner Rede dazu:
Die Umsetzung der Istanbul-Konvention ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern ein demokratischer Auftrag. Gewalt an Frauen steht der Gleichberechtigung im Weg – und damit einem zentralen Grundsatz unserer Verfassung. Solange jede dritte Frau in Deutschland von körperlicher oder sexualisierter Gewalt betroffen ist, sind wir von echter Gleichstellung weit entfernt.
Gewalt zu erleben, darf in unserem Land nicht vorbestimmt sein
aufgrund des Geschlechts. Gewalt auszuüben, Täter zu sein, darf in unserem Land auch nicht vorbestimmt sein aufgrund des Geschlechts.
Ich möchte, dass junge Mädchen ohne Angst aufwachsen können. Und ich möchte, dass Jungen mit Vorbildern groß werden, die Gleichwertigkeit und Respekt vorleben – nicht Dominanz und Gewalt.
Hier zwei Ausschnitte aus meiner Rede dazu:
Die ganze Rede findet ihr hier:
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